Sind Mindestlöhne gut für die Wirtschaft? Leitsätze:
X. Ein Mindestlohn ist nicht Verstoß gegen sinnvolle marktwirtschaftliche Grundregeln:
X.1. Sofern das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage durch externe Einflussgrößen kein sinnvolles Gleichgewicht bilden kann, so gilt:
Ist der Markt wichtig für das materielle Wohlbefinden vieler, so ist ein Eingriff in die Preisbildung keine Störung der Marktwirtschaft, sondern ist wahrend für sie. Die Regulierung sollte darauf abzielen, das 'marktwirtschaftlich richtige' Preisniveau herzustellen.
Schwerpunkt sollte aber sein, unterdessen die externen Ursachen zu beseitigen und sodann die Preisregulierung wieder aufzugeben.
(Beispiel: Wohnraumbewirtschaftung in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, gleichzeitig staatliche Förderung der Wohnraumschaffung für die vielen Flüchtlinge und Ausgebombten, bis die Bewirtschaftung recht rasch, sodann 20 Jahre später die Preisregulierung auslaufen konnte.)
X.2. Ist ein Mindestlohn in reichen Nationen / Volkswirtschaften meist angebracht?
Meistens ja. Die Qualitätsmängel der Politik sind die externe Einflussgröße, die ein ausgewogenes Marktgeschehen auf dem Arbeitsmarkt verhindern: Sie führen in den meisten entwickelten Volkswirtschaften zu einer beträchtlichen Ausweitung, zu einem beträchtlichen Überangebot von Arbeitnehmern ohne berufliche Ausbildung für den Kernbedarf an Arbeit in Wohlstandsnationen.
Stichwörter zu Ursachen beispielsweise: Demografie, Immigration ohne Eingliederung durch Bildung, EU-Regeln für EU-weite Gleichbehandlung von Wettbewerbern.
X.3. Wie lange ist ein Mindestlohn in reichen Volkswirtschaften angebracht?
Bis die externen Ursachen behoben sind. Für die wichtigste externe tiefere Ursache - der Mangel des mittleren ökonomischen Intelligenzniveaus in dem jeweils gewählten regierenden politischen Kreisen - zeichnet sich in den meisten entwickelten Volkswirtschaften eine Behebung leider nicht ab.
X.4. Vermindert ein Mindestlohn die Menge der Arbeitsplätze?
Kaum im Fall größerer Unternehmen.
Die Wirtschaftszweige, die in Niedriglohnländer abwandern müssen und können, sind längst abgewandert. Die Löhne in den weniger unterentwickelten Volkswirtschaften sind nicht einfach 'extrem niedrig, weil die Bürger in diesen Ländern so arm sind'. Die Unterschiede werden durch sonstige komplexe Faktoren stark verstärkt - wenn man es so unscharf formulieren will, werden ''künstlich'' verstärkt. Diese Unterschiede werden deshalb derart extrem hoch, dass die Unternehmen vieler Wirtschaftszweige nur durch Auslagerung der Arbeit in Niedriglohnländer überleben können.
X.5. Ein Mindestlohn belastet / vermindert also vorwiegend Arbeit, die nicht ins Ausland verlagert werden kann.
Beispiele: Wachpersonal, Gastronomie, Hotels, Pflegepersonal, Bauarbeiten. Der Mindestlohn führt dann einfach dazu, dass die Nutzer dieser Leistungen die ''wahren'' Kosten der Arbeit zu zahlen verpflichtet sind, statt dies wegen der Marktverzerrungen auf den Steuerzahler zu verlagern (Sozialkassen, wie auch immer diese Leistungen vom Staat organisiert und benannt werden).
Es ist grundsätzlich wünschenswert, dass Dienste mit den ''wahren'' Kosten zu bezahlen sind. Dies ginge durchaus auch für die meisten Dienste mit hohem Anteil der Arbeitskosten. Es geht nicht mehr, weil das System der Sozialversicherung meist durch Folgen von Politikfehlern aufgebläht wurde: Durch Faktoren wie Arbeitslosigkeit, Frühverrentung, übersetzte Ausbildungsdauer, statistische Nichterfassung des wirtschaftlichen Wertes von Kindergroßziehen und häuslicher Arbeit.
Soweit menschliche Arbeit durch Automatisierung, durch Materialkosten und durch Kapitalkosten nur einen kleinen Teil der Wertschöpfung darstellt, kann diese widersinnig gewordene Abgabenlast getragen werden.
Soweit aber persönliche Arbeit fast 100 % der Kosten erzeugt, gelingt dies schlecht.
Mindestlöhne führen infolgedessen nicht wegen der Mindestlöhne, sondern wegen der Abgabenlast (Politikfehler- Folgen) tatsächlich zur Verminderung von offizieller Arbeit. Soweit je nach Arbeitszweig möglich, erfolgt eine Verlagerung zur Schwarzarbeit (Instandhaltung, häusliche Dienste, Restaurants) oder zu staatlich subventionierter Arbeit (Pflegedienste, Zusatzeinkommen durch den Staat u.a.m.).
Letztlich verschwindet wenig Arbeit und Einkommen. Aber es verschwinden normale sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten mit der vollen Würde von vollwertige Arbeitsverträgen. Es verschwindet beitragszahlende Tätigkeit, was in Kettenwirkung zu noch mehr Abgabenlast und damit zu noch mehr Schwarzarbeit und Improvisationsmodellen führt.
X.6. Wieso verhindert eine Mindestlohnregelung möglicherweise auch höhere Arbeitnehmer-Einkommen?
Dies kann hervorragend am französischen Modell des SMIC genannten Mindestlohns abgelesen werden, weil fester Bestandteil des französischen Wirtschaftslebens - letztlich generationen-übergreifend und bis in undenkbare Details hinein ausgestaltet. Die Folgewirkung ist unter anderem, dass viele Arbeitgeber den Mindestlohn als staatliche Lohnfestlegung praktizieren. Das ist ganz einfach: Stellen werden dann nur noch zum SMIC ausgeschrieben. Erhöhung gibt es - wenn überhaupt - vorwiegend durch Bonusregelungen und sonstige überlagerte Modelle.
Es ist überraschend, zu erkennen, dass Mindestlohnregelungen auch gewinnsteigernd für Unternehmen und einkommen-senkend für Arbeitnehmer wirken können. Dieser unerwartete unerwünschte Nebeneffekt fehlt fast völlig im politischen Diskurs, wenn über Mindestlöhne gesprochen wird.
X.7. Ist eine Mindestlohnregelung gegenwärtig für Deutschland wünschenswert? - Leider: Ja.
Dies ist nur deshalb wünschenswert, weil der Niedriglohnsektor durch Politikfehler (externe Einflüsse) kein ausgewogener Markt mehr ist und deshalb einer Regulierung bedarf.
Leider zeichnet sich keine Abminderung der auslösenden Politikfehler ab. Deutschland ist seit etwa 1970 in einer langfristigen Abwärtsspirale als Folgewirkung von Politikfehlern. Die Zwischenhochs und Zwischentiefs verdecken es zeitweise für jeweils einige Jahre. Der Langfristtrend aber ist an den Statistiken eindeutig ablesbar und ist ungebrochen: Eine schleichende Spirale nach unten.
Das LIBRA-Konzept eines Nationalen Vertrages für Vollbeschäftigung ist die vielleicht einzige Lösung, aus dieser Spirale innerhalb einer überschaubar kurzen Frist von vielleicht 12 Monaten auszubrechen. Sie finden mehr hierzu hier auf vox7.org.
X.8. So lange nichts im Sinn des LIBRA-Konzeptes oder in ähnlicher Form geschieht, sind Mindestlohnregelungen das Notpflaster auf der großen Wunde.
Durch Mindestlohnregelungen wird bewirkt, dass die Nutzer von Dienstleistungen in etwa die ''wahren'' Kosten tragen - was gut ist - . Leider müssen die Nutzer des weiteren eine stark übersetzte Abgabenlast tragen - was schlecht ist, weil marktverzerrend. Die übersetzten Teile der Abgabenlast führen zur Verdoppelung der ''wahren'' Kosten und damit zur wesentlichen Verminderung des sichtbaren Kaufes solcher Dienste.
Dies verstärkt die Spirale nach unten, weil den Nichtarbeitenden die ständige Fortbildung und Gewöhnung aus Arbeiten fehlt und weil im Fall von Schwarzarbeit die völlig entgehenden Sozialbeiträge zur Erhöhung der Abgabensätze für gemeldete Arbeit führen.
X.9. Mindestlohnregelung ist das kleinere Übel, so lange nichts Besseres geschieht.
Mindestlohnregelungen sind unerwünscht, weil sie die Freiheit beschränken, staatliche Aufsicht intensivieren, Unfrieden erzeugen, Bürokratie erzeugen, einfache Sachen kompliziert machen, die Märkte verzerren, Arbeitnehmer am freien Aushandeln von Vergütung und mehr Vergütung hindern.
Mindestlohnregelungen sind nur zu legitimieren, wenn sie eine bereits vorhandene beträchtliche Marktverzerrung vermindern. Sie sind dann die Wahl des kleineren Übels.
Nun Details zu diesen Leitsätzen.
Der nachstehende ursprünglich recht lange Text ist vor einigen Jahren auf einen kleinen Teil reduziert worden. - Näheres über die Gründe: Siehe am Ende dieses Textes.
A. Mindestlohn: Allgemeine Gesichtspunkte. (-'VEW-MINI -)
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A.1. Mindestlöhne sind nur für bestimmte recht spezielle Regulierungsaufgaben nützlich.
Bei den meisten realen Märkten mit großer frei entstandener Variationsbreite können Konstellationen auftreten, die einer temporären oder dauerhaften Regulierung bedürfen. Diese Regulierung muss auf das Minimum des Nötigen beschränkt werden, um die Vorteile der marktwirtschaftlichen Dynamik nicht zu hemmen.
Sehr störend wären Fehlfunktionen der Arbeitsmärkte, sofern sie zu Vergütungen weit unterhalb der irgendwie definierten mittleren Vergütungshöhe für gleiche Arbeit liegen. Denn dann würde der Fehler in einer gemeinwohl- schädlichen Weise dem Steuerzahler angelastet werden (Subventionierung von Arbeit).
Es ist also auf jeden Fall richtig, über Mindestlöhne nachzudenken. Das Kernproblem ist die politische Eigendynamik einer solchen Regelung: Die Regelung des Mindestlohnes kann dazu führen, dass schrittweise die Marktfunktionen gestört werden. Auf die Dauer könnte die Festlegung dann zur Hauptursache für wesentliche überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit werden. Der gut gemeinte Schutz würde sich in Schädigung verwandeln.
A.2. Schwerpunkt hier: Ökonomische Analyse - nicht Politik-Risiken.
Das Problem der fehlerhaft festgelegten Mindestlöhne ist ein Problem von schlechter Politik. Das Fehlerproblem soll hier nicht im Vordergrund stehen, obgleich es das Kernproblem ist. Hier soll vielmehr aufgezeigt werden, was richtig und falsch ist. Hierdurch soll eine analysierte objektive Grundlage geschaffen werden, solchen Fehlern mit guten wissenschaftlich basierten Argumenten entgegenwirken zu können.
Für den kaum objektiven Meinungsstreit selbst soll auf dieser Website keine Position gewählt werden. Diese Website soll vorzugsweise keine Meinungen beitragen, sondern nur objektiv Zweifelsfreies darstellen.
A.3. Mindestlöhne müssen immer mit einer dynamischen Anpassungsklausel definiert werden.
Dies ist eine wichtige allgemeine Ausgestaltungsregel:
Legt man Mindestlöhne fest, so sind diese ,,dynamisch'' zu gestalten, um nicht immer neu durch die nominalen Verschiebungen (Geldentwertung und anderes) und strukturelle Wandlungen ihren realen Inhalt zu ändern. Auch muss der Gefahr entgegengewirkt werden, dass die Festlegung des Mindestlohns unter Wahlkampfgesichtspunkten allmählich zum Einheitslohn im Land führen könnte.
Die verbleibende Gefahr ist, dass vor jeder Wahl eine Änderung der Formel vorgeschlagen wird, um Wählerstimmen zu gewinnen. Das Geldsteigerungsinteresse wird von jedem sofort verstanden. Es bringt also Wählerstimmen. Das daraus sich ergebende viel wichtigere Risiko der Erhöhung von wesentlicher und wachsender Arbeitslosigkeit wird von der Mehrheit der in Betracht kommenden Wähler nicht berücksichtigt.
Jede gesetzliche Mindestlohn-Festlegung schafft also eine demagogisch missbrauchbare Schwachstelle der Demokratie mit der Gefahr, bei beträchtlicher Arbeitslosigkeit im Niedriglohnsektor zu enden. Diese Gefahr ist vielleicht am besten am Beispiel von Frankreich zu studieren. In jahrzehntelangen Phasen wurden Mindestlohn-Festsetzungen demagogisch missbraucht. Dies hat Frankreichs Wirtschaft erheblich geschädigt. Es ist eine der Hauptursachen für Frankreichs Rückschritte in der relativen ökonomischem Bedeutung des Landes, als Folgewirkung auch mit erheblichen Einbußen in politischer und kultureller Hinsicht.